Mittwoch, 25. April 2012

Ich liebe meine Krankenkasse!

Es ist doch immer wieder herzerfrischend, zu versuchen, mit ihr Kontakt aufzunehmen, vor allem wenn es eilig ist.
Ich liebe die Musik, die mein Ohr, nach dem gefühlt hundertste Mal leider nicht mehr, erfreut und den obligatorischen Hinweis, ich könne sie ja auch über ihre Webseite erreichen und daß die nächste freie Leitung bereits für mich reserviert sei. Ersteres nützt mir, da mich ein Sachbearbeiter wegen offener Fragen um Rückruf gebeten hatte, gar nichts, zweiteres beinhaltet zumindest den Hauch einer Chance, daß es derselbe Sachbearbeiter ist wie das Mal zuvor.
Leider hatte ich dieses Glück heute nicht. Dem nunmehr dritten mit der Angelegenheit Befaßten konnte ich nun überhaupt keine Hilfe anbieten, da der zweite, also der vorherige Sachbearbeiter mir zwar geschrieben hatte, er benötige für die abschließende Bearbeitung meines Antrags ebendiese, aber keinerlei Hinweise darauf gegeben hatte, in welcher Form oder welchen Inhalts er diese benötige. Immerhin war es eine nette Plauderei in meinem Heimatidiom, ist doch auch schon mal was.

Worum es geht?
Momentan um eine Rollstuhlversorgung, eine Folgeversorgung. Leider nicht um irgendeine, standardmäßige, sondern zu mir passend um eine ganz spezielle, nämlich einen Rollstuhl, der mich auch aus demselben in den Stand bringt.  Als Muskelkranke habe ich noch eine Restgeh- und Stehfähigkeit, kann aber nur noch an einer einzigen Stelle in meiner Wohnung mit Tricks und unter enormer Anstrengung aus meinem mittlerweile 12 Jahre alten einfachem Faltrolli aufstehen.
Seit dem vergangenen Sommer häufen sich wieder die Fehlversuche, was besonders ärgerlich ist, wenn beispielsweise die Blase drückt, und da dies, damit meine ich die Fehlversuche..., sehr unangenehm ist, nahm ich also Kontakt mit dem Außendienstmitarbeiter des mich betreuenden Sanitätshauses auf. Da er gerade im Sommerurlaub weilte, übernahm ein Kollege es, mich zu besuchen, alles mit mir zu besprechen und legte ihm die Ergebnisse auf den Schreibtisch. Leider verschwanden sie im Nirwana desselben und es dauerte bis Mitte November, bis ich wieder von ihm hörte.
Die folgenden Wochen, um nicht zu sagen Monate, verbrachten wir dann mit Planung, Erprobung und Wiederverwerfen, denn ich brauche - mal wieder - die Quadratur des Kreises, oder anders formuliert, ich bin nicht bereit, um der Gewinnung einer Erleichterung/Fähigkeit willen auf zig andere zu verzichten.
Das Problem ist nämlich, daß es zwar Rollstühle mit Aufstehhilfen gibt, diese aber entweder katapultförmig funktionieren, sprich sich wie bei einem Seniorensessel die Sitzfläche neigt, was dazu führt, daß ich, da ich keine Kraft mehr in Bauch und Beinen hab, um mich zu halten, aus diesem herausrutsche, also für mich völlig ungeeignet, oder aber es primär E-Rollis sind, die nicht nur groß und sperrig sind, sondern auch hoch, was zur Folge hat, daß ich in diesen keinen Bodenkontakt mehr habe, nichts mehr vom Boden aufheben könnte, mich nicht mehr vornüberbeugen könnte, und wegen der obligatorischen Fußstützen an keinen Schrank etc. mehr käme. Kurzum, rund 80 % dessen, was ich immer noch kann und was mir das selbständige Leben in meiner eigenen Wohnung ermöglicht, fielen weg. In einem "Mercedes unter den E-Rollis" sitzend dann aber mein Leben im Pflegeheim zu fristen, hatte ich allerdings nicht vor. Ich vermute mal, meine Katzen wären damit auch nicht einverstanden...

Also zurück auf Start.  Ich suchte - und fand - die Visitenkarte des Außendienstmitarbeiters eines Rollstuhlherstellers, von denen ich bereits vor 6 Jahren einen normalen Falt-Rollstuhl mit Aufstehhilfe bekam, aus dem ich aber rausgewachsen bin und der somit nun zu schmal ist für mich. Damals hatten wir das manuelle Modell erprobt und uns dann doch für die elektrische Hubvorrichtung entschieden. Dadurch wurde der Rollstuhl so schwer, daß ein elektrischer Zusatzantrieb notwendig wurde, ein sogenannter Greifreifenantrieb (oder auch Restkraftverstäker), mit dem ich aber nicht so dolle klar kam/komme, zumal alle naselang die Akkus platt machten. Diesen rief ich an und nur knapp 3 Wochen später kam es, im Beisein meiner Krankengymnastin und des Mitarbeiter des Sanitätshauses zu einer erneuten Erprobung. An deren Ende stand fest, es soll nun also doch wieder das gleiche Modell, aber breiter und mit anderem Zusatzantrieb sein.

Um Weihnachten rum wurde es ganz übel, nicht nur, daß ich kaum noch aus meinem alten Rolli kam, um dann mithilfe des Gehwagens ins Bad zu gehen (!), nein, ich kam auch nicht mehr vom Klo hoch. Und nachdem ich einmal auf dem Hosenboden durch mein 90 qm-Reich gerutscht bin, den Gehwagen zentimeterweise vor mir herschiebend, um wieder zum Rolli am anderen Ende der Wohnung, meiner "Umsteigestation" zu kommen, mich ab da nur noch getraut hab, das Bad aufzusuchen, wenn jemand in der Nähe war, wurde es langsam brenzlig.
Ich recherchierte im Internet nach einem für mich geeigneten Toiletten-Lift, stieß auf eine holländische Firma, nahm mit ihr Kontakt auf und wurde an den gottlob existierende deutsche Vertrieb verwiesen (ich hab einmal das Drama eines für mich geeigneten Hilfsmittels ohne deutsche Zulassung, Hilfsmittelnummer und Vertrieb durchgemacht und sag nur teuer!). Dort angerufen, kam am folgenden Tag der Rückruf, die Woche drauf fand die Erprobung statt und drei Wochen später stand das gute Stück in meinem Badezimmer. Seitdem kann ich wieder meine 2-3 Liter am Tag trinken, ohne Angst haben zu müssen, sie nicht wieder, oder auf unpassende Art und Weise, loszuwerden. Bezahlt hat das gute Stück die Krankenkasse bis Ende letzter Woche aber immer noch nicht...

Progressive Krankheiten haben nunmal den Nachteil, daß sie weiter voranschreiten und so währte die Erleichterung durch den Toiletten-Lift nicht allzu lange, denn ich komme, wie bereits erwähnt, immer schlechter in den Stand. Ich muß nun aber in den Stand kommen, denn durch den WC-Lift, der über das normale Becken montiert wird, ist die ganze Geschichte nun höher geworden. So hoch, daß ich mich nun nicht mehr, wie vordem im Notfall, vom Rolli aufs Klo umsetzen kann. Es sind zwar nur 3 cm, aber selbst für diesen minimalen Höhenunterschied reicht meine Kraft nicht mehr aus.

Eigentlich auch sollte man denken, daß von einer Erprobung, die Mitte Januar stattfand, bis Ende April genügend Zeit wäre, um eine Bewilligung der Krankenkasse und somit das beantragte und benötigte Hilfsmittel zu erhalten. Eigentlich. Uneigentlich kann da ja sooooooo viel schief gehen... In meinem Fall war es, daß die Verordnung, die ich einen Tag nach Erprobung von meinem Hausarzt erhalten und an das Sanitätshaus geschickt hatte, dort nicht ankam. Drei Wochen nach Erprobung nämlich rief mich der Mitarbeiter an und fragte nach dem Rezept. Das müsse doch längst bei ihm angekommen sein, per Freiumschlag und zu seinen Händen. Zwei weitere Wochen später teilte er mir mit, daß es im ganzen Haus nicht aufzufinden sei. Also hat mein Hausarzt eine weitere Verordnung ausgestellt, dick und fett "Duplikat" draufgeschrieben und ich hab sie per Einschreiben zum 2. Mal verschickt. - Und siehe da, wundersamerweise tauchte einen Tag, nachdem das Einschreiben angekommen war, auch die ursprüngliche Verordnung wieder auf...

Am 13. März, also gut 2 Monate nach Erprobung, ging dann der Antrag auf das erprobte, zu bewilligende Hilfsmittel bei der Krankenkasse ein, die mich dann am 27. März anschrieb, und mich darüber informierte, daß sie es sich "zum Ziel gesetzt (hätten), die Hilfsmittelversorgung ihrer Kunden weiter zu verbessern. Ihre persönliche und  gesundheitliche Situation soll bei der Auswahl des geeigneten Hilfsmittels noch stärker als  bisher berücksichtig werden.
Auch möchten wir sicherstellen, dass Sie das erforderliche Hilfsmittel nach ihren individuellen Möglichkeiten nutzen können und die medizinisch notwendige sowie eine hochwertige Versorgung erhalten. Dazu möchten wir unseren Hilfsmittelberater einschalten."
Beigefügt war eine auszufüllende diesbezügliche Einverständniserklärung und die Bitte um diesbezüglichen Rückruf.
Wochenlang ist es mir NICHT gelungen, unter der angegebenen Telefonnummer jemanden zu erreichen. Endlose Warteschleife mit Dudelmusik und Werbung, dann endlich ein Freizeichen, nur um drei Takte später ein Besetztzeichen zu hören... Vier Wochen später erhielt ich selbiges Schreiben noch einmal, gleicher Text, gleiche Telefonnummer, aber immerhin ein anderer Sachbearbeiter und ich versuchte es doch noch einmal, dortens ein menschliches Wesen statt Musik vom Band zu erreichen - und es klappte! Oh Wunder! Eine junge Frau war am anderen Ende der Leitung, die sich natürlich erstmal in den Vorgang einlesen mußte, um mir sodann mitzuteilen, daß diese Vorgehensweise (also das Einschalten eines Hilfsmittelberaters) bei teuren Hilfsmitteln üblich sei, auch wenn es sich um eine Folgeversorgung (ich hab diesen Rolli ja bereits und soll ihn "nur" in modifizierter Form bekommen) handelt.
Ich bin ja ein geduldiger Mensch, aber manchmal platzt selbst mir der Kragen und ich erdreistete mich, sie davon in Kenntnis zu setzen, daß "es brennt" und ich im wahrsten Sinne des Wortes den A... nicht mehr hochkrieg, ich auch seit Wochen vergeblich versucht hätte, zurückzurufen.
Daß gestern unsere Telefonanlage gesponnen hat, war mir ja bekannt, aber so lange schon...Das einzige, was ich für Sie tun kann, ist, einen Eilvermerk anzubringen, war ihre Reaktion darauf.
Dies tat sie denn auch, denn ich bekam 2 Tage später einen Anruf der Firma, die die Hilfsmittelberater stellt. Outsourcing nennt man so was glaub ich. Die Hilfsmittelzentrale sitzt im Ruhrgebiet, besagte Firma in Berlin und der Hilfsmittelberater selbst kommt dann aus Bremen...
Vereinbart wurde ein Termin für den darauffolgenden Montag.

Heute, weitere zehn Tage später also erreichte mich wieder ein Schreiben der Krankenkasse, mit der Bitte, mich unter der Telefonnummer, die ich mittlerweile auswendig kann, zu melden. "Gern möchte ich Ihren Antrag auf einen Rollstuhl abschließend bearbeiten. Allerdings benötige ich für die abschließende Bearbeitung Ihres Antrags noch Ihre Hilfe."
Ich würde ja sooo gerne helfen, wenn ich bloß wüßte, wie...




Die Vorgeschichte ist in epischer Breite nachzulesen unter
Leben mit MUSKELSCHWUND

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